Wasserheilung - Hydrotherapie
Heilen mit Wasser
Die Hydrotherapie bezeichnet die methodische, naturheilkundliche Anwendung von Wasser zur Behandlung
vielfältiger akuter wie chronischer Beschwerden und Erkrankungen.
Weitere Aspekte bilden die Abhärtung, sprich eine grundlegende Stabilisierung von Körper-funktionen sowie
Prävention, Rehabilitation und Regeneration. Die Hydrotherapie bedient sich hier des wassereigenen
Temperatur-Reizes; Wasserdruck und –auftrieb sind für die Therapie weniger von Bedeutung.
Dabei macht man sich Wasser in seinen verschiedenen Aggregatzuständen zu nutze:
Ob als Dampf, kaltes, lauwarmes oder warmes Wasser oder in Form von Eis. Als kalt gelten dabei alle Anwendungen
unter 33 Grad, Wassertemperaturen von mehr als 38 Grad als heiß.
Entsprechend Basis-Formen der Wasserheilung sind Saunagänge und Dampfbäder,
kalte und warme Güsse, Waschungen, Wickel und Kompressen sowie Teil- und Vollbäder, die durch spezielle Zusätze
ergänzt werden können.
Ein breites Anwendungsspektrum
Die Hydrotherapie-Anwendungen nach Pfarrer Kneipp haben längst die Kureinrichtungen verlassen und ihren
Platz in vielen städtischen Parks und Anlagen gefunden: Kneippsches Wassertreten im bis zum Knie reichenden, kalten
Wasser erfreut sich nach wie vor außerordentlicher Beliebtheit bei allen Generationen.
Auch Kneippsche (Flach-)Güsse, bei denen ein leichter Wasserstrahl Arme, Beine und Rücken, aber auch
Gesicht oder den gesamten Körper erfrischend verwöhnt, aber auch intensive Druckstrahl- und Blitzgüsse mit bis zu
drei Bar gehören zum Anwendungsbereich der Hydrotherapie.
Spezielle Abreibungen arbeiten mit feuchten Tüchern: Sie werden auf die betroffenen Körperstellen
aufgelegt und zur Durchblutungsanregung abgerieben. Größere Packungen, die als feuchte Innentücher mehr als die
Hälfte des Körpers bedecken können, werden mit trockenen Innen- und Außentüchern abgedeckt.
Bewegungsbäder dagegen laden vor allem Patienten mit Wirbelsäulen-Problemen zu aktiver Mitwirkung ein:
Unter Anleitung führen sie wassergymnastische Übungen aus, die von Unterwasser-Druckstrahlmassagen begleitet werden
können.
Teilbäder hingegen widmen sich ausschließlich Armen oder Beinen, die in kaltem oder warmem Wasser
stimuliert werden. Kalte Armbäder lindern nervöse Herzbeschwerden und erzielen bei Hypertonie gute Erfolge; warme
bzw. heiße Armbäder bei Wassertemperaturen um 37 Grad bzw. bis zu 42 Grad helfen bei rheumatischen Erkrankungen und
regen gleichzeitig die Durchblutung an.
Bürstenbäder massieren den Körper, Stangerbäder fördern über leichte Stromreize die Durchblutung und
wirken schmerzlindernd.
Viele Patienten empfinden Sauna-Anwendungen mit heißem (zuweilen mit Kräuterzusätzen veredeltem)
Wasserdampf als sehr angenehm, - und suchen entsprechend häufig das türkisches Dampfbad (Hammam) auf.
Vielfältige Wirkungen der Hydrotherapie
Kaltwasseranwendungen sorgen für eine lokale Vasokonstriktion, ein Zusammenziehen der Gefäße der Haut, auf
die eine Vasodilation, eine Gefäßerweiterung mit reaktiver Erwärmung, folgt. Bei akuten Entzündungsprozessen tritt
eine analgetische (schmerzstillende) wie antiphlogistische (entzündungshemmende) Wirkung ein. Kreislauf und
Atemfunktion werden angeregt.
Warmwasseranwendungen sorgen lediglich für eine Dilatation der Gefäße der Haut und damit zur besseren
Durchblutung der Muskulatur.
Therapie mit Tradition
Wasseranwendungen und Badekuren sind keine Erfindung der Neuzeit; bereits in der Antike suchte man öffentliche
Bäder auf, um zusammen zu kommen und zu entspannen. Der Römer Antonius Musa soll im Jahre 23 v. Chr. sogar Kaiser
Augustus mit kalten Güssen und Bädern behandelt haben.
Als einer der deutschen Begründer der Hydrotherapie gilt der schlesische Mediziner Siegmund Hahn (1664-1742).
Viele spätere Erkenntnisse Sebastian Kneipps (1821-1897) gründen auf Hahns Behandlungserfahrungen im Rahmen der
Wassertherapie. Kneipp erprobte seine Kaltwasserbehandlungen im Selbstversuch, indem er seine eigene
Tuberkulose-Erkrankung mit Bädern in der Donau therapierte. Entsprechend behandelte Kneipp etliche an der Lunge
erkrankte Patienten mit Obergüssen und Brustgüssen zur Schleimlösung und Kräftigung der körpereigenen Immunabwehr.
Hydrotherapeutische Behandlungen werden bei Kneipp durch den Einsatz ausgewählter Heilpflanzen begleitet.
Auch der Erfolg der so genannten Wasser-doktoren wie Wilhelm Petri, Bad Laubach, des Mecklenburger August
Friedrich Erfurth sowie des Josef Schindler aus Böhmen sprach sich schnell herum: Allen gemeinsam war die Annahme,
dass körperliche Untätigkeit und Verweichlichung früher oder später zu Erkrankungen führen müsse:
Rechtzeitige Abhärtung sollte dem prophylaktisch oder heilend entgegenwirken.
Karl Friedrich Ferdinand Runge (1835-1882) begründete zu diesem Zweck eine eigene Wasserheilanstalt in Nassau,
Lahn, während der österreichische Kurarzt Wilhelm Winternitz 1899 den ersten Lehrstuhl für Hydrotherapie an der
Universität Wien bekleidete.
Mehr als eine Empfehlung: Moderne Badekuren
Badekuren müssen über den Arzt bei der Krankenkasse beantragt werden. Sie gehören zu den meist verordneten
Kuren. Die mechanischen, thermischen und chemischen Eigenschaften und Wirkungen von Heilwässern sind allgemein
anerkannt. Je ungesünder die Lebensweise, desto länger benötigt der Körper, um sich zu regenerieren: Weniger als
drei Wochen sollte eine Badekur daher nicht dauern.
Je nach Körperverfassung werden etwa dreimal wöchentlich Bäder angeordnet. Eine Badekur nimmt sehr positiven
Einfluss auf Blutzirkulation, Wärmehaushalt, Stoffwechsel und Atmung. Zusätzlich entlastet der Wasserauftrieb
Beingelenke und Wirbelsäule. Außerhalb des Wassers nicht machbare Bewegungen werden im Wasser möglich.
Unterwassergymnastik gegen den Wasserwiderstand kräftigt die Muskulatur. Inhaltsstoffe des Heilwassers wie
Kohlensäure, Jod, Schwefel, Moor und Radon helfen nicht nur bei Rheuma und Bechterewscher Krankheit, sondern
entfalten zudem bei Frauenleiden und vielen chronischen Erkrankungen ihre heilende Wirkung.
Kureinrichtungen wie Schwefel-Thermalbäder sind zwar auch Freizeiteinrichtungen, dennoch sollten Sie die
vorgegebene Badezeit von etwa fünfzehn Minuten nicht deutlich überschreiten. Auch wichtig: Gönnen Sie Ihrem
Körper ein wenig Ruhe, bevor Sie das Bad wieder verlassen.
Und bedenken Sie: Jeder Kurerfolg hängt zuletzt von der inneren Einstellung ab. Nicht nur die Anwendungen
selbst, auch Erfahrungen wie Abstand zur Alltagsroutine und ein Überdenken der eigenen Lebensweise und Situation
tragen entscheidend zum Gelingen Ihres Kuraufenthalts bei.
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