Kann man durch viel Wasser-Trinken abnehmen?

Da sauberes Wasser keine Kalorien enthält, könnte der Kalorienzähler auf den Gedanken kommen, Nahrungsmittel mit Kalorien durch Wasser ohne Kalorien zu ersetzen und schon nimmt man ab.

In der bereits erwähnten Apotheken-Umschau gibt es ebenfalls ein Kapitel, das sich mit dieser Fragestellung auseinandersetzt: „Wer viel Wasser trinkt, nimmt leichter ab“.

Glas mit Wasser

Hier erfahren wir, dass ein Arzt der Berliner Charité an 14 Normalgewichtigen hat „nachweisen“ können, dass „Wassertrinken den Energieumsatz im Körper erhöht.“

Durch den erhöhten Umsatz verbraucht der Organismus mehr Energie in Form von 50 Kalorien pro halben Liter zimmerwarmes Wasser. Bei 1,5 Liter Wasser wären das schon 150 Kalorien.

Bei einem weiteren Experiment mit 9 Übergewichtigen war der Effekt deutlich geringer, zu meiner Überraschung, das muss ich ehrlich gestehen. Fazit des Arztes und der Umschau: Abnehmen durch viel Trinken kann klappen oder auch nicht. Das haben 2 Studien mit insgesamt 23 Teilnehmern ergeben.

Ohne die Originalveröffentlichung dieser „Studien“ zu kennen, neige ich jetzt schon zu der Annahme, dass hier die Schulmedizin wieder einmal mit ihrer besonderen Form der „Wissenschaftlichkeit“ zugeschlagen hat, wo einige wenige Teilnehmer schon stellvertretend für die gesamte Weltbevölkerung stehen.

Zum Glück scheint es eine Reihe von wirklich interessanten Studien zu diesem Thema zu geben, die sich nicht nur durch eine signifikant höhere Probandenzahl auszeichnen, sondern auch durch deren Durchführung und Ergebnisse. Denn wie es aussieht, ist das Kalorienzählen und der Ersatz von Nahrungsmitteln durch Wasser alles andere als erfolgversprechend.

Unser Organismus ist halt keine Kalorienzählmaschinerie, die man beliebig an- und abstellen kann. Zu den Studien:
Water consumption increases weight loss during a hypocaloric diet intervention in middle-aged and older adults. - Diese Studie untersuchte nicht, ob der Tausch Nahrung gegen Wasser zu einer Gewichtsreduktion führt, sondern ob sich ein „strategischer Einsatz“ von Wasser vor den Mahlzeiten (mit verringertem Kaloriengehalt) als günstig beziehungsweise unterstützend für eine Gewichtsreduktion beziehungsweise -kontrolle eignet.

Es nahmen 48 Probanden teil im Alter zwischen 55 und 75 Jahren, die in 2 Gruppen aufgeteilt wurden. Gruppe 1 erhielt eine kalorienarme Ernährung plus 500 Milliliter Wasser vor jeder Mahlzeit (Wassergruppe). Gruppe 2 erhielt die gleiche Ernährung ohne Wasser. Der Beobachtungszeitraum betrug 12 Wochen.

Resultat: Der Gewichtsverlust war in der Wassergruppe rund 2 Kilogramm höher als in der Vergleichsgruppe ohne Wasser. Die Wassergruppe zeigte eine 44 Prozent höhere Abnahme des Gewichts in den 12 Wochen Beobachtungszeit. Die Energiezufuhr war in der Wassergruppe deutlich geringer als in der Vergleichsgruppe zu Beginn der Studie. Am Ende der Beobachtungszeit war die Energiezufuhr beider Gruppen vergleichbar.


Daily self-monitoring of body weight, step count, fruit/vegetable intake, and water consumption: a feasible and effective long-term weight loss maintenance approach. - Diese Arbeit stammt von fast den gleichen Autoren der eben diskutierten Studie und ist eine weiterführende Arbeit mit 40 der 48 Teilnehmern der ersten Studie.

Diesmal ging es nicht um Gewichtsreduktion, sondern um die Herausforderung, einmal verlorenes Gewicht auch nachhaltig konstant zu halten. Die 40 Teilnehmer notierten täglich ihr Körpergewicht und die Zufuhr von Früchten und Gemüse, und zählten ihre Schritte.

Die Verumgruppe nahm zusätzlich 470 Milliliter Wasser vor jeder Mahlzeit zu sich (dreimal täglich). Notiert wurden dann Veränderungen im Gewicht, Ernährungs- und Aktivitätsgewohnheiten und andere klinische Maßstäbe.
Resultate: Nach 12 Monaten zeigte sich eine lineare Abnahme des Gewichts in beiden Gruppen.

Die Gewichtsreduktion in der Wassergruppe mit 87 Prozent fiel dabei deutlicher aus. Für die Autoren zeigte diese Studie, dass eine Selbstkontrolle des Gewichts, körperliche Bewegung und der Konsum von Früchten und Gemüse eine effektive Weise darstellt, einmal verlorenes Gewicht zu halten.

Eine zusätzliche Einheit von Wasser vor den Mahlzeiten steuert hier zusätzlichen Nutzen für die Gewichtskontrolle bei.

Association between water consumption and body weight outcomes: a systematic review. - Die Charité in Berlin steuert zu dieser Diskussion eine Meta-Analyse bei. Sie sahen dabei, dass eine Reihe von Studien einen gewichtsreduzierenden Effekt von Wasser zeigen konnten, wenn es um Gewichtsreduktion ging.

Ansonsten bemängelten die Autoren die Qualität der durchgeführten Studien zu diesem Thema. Ich konnte nicht feststellen, ob die Autoren auch die Arbeiten ihres Kollegen von der Charité mit in die Kritik einbezogen hatten, die wir weiter oben im Rahmen der Apotheken-Umschau kurz angerissen hatten. Da würde ich auf jeden Fall zustimmen wollen.

Pre-meal water consumption for weight loss. - Diese Zusammenfassung bestätigt noch einmal die beiden Studien weiter oben. Unerwünschte Nebenwirkungen sind auch nicht zu erwarten, laut Aussage der Autoren. Allerdings gibt es Kontraindikationen, die einen Einsatz von Wasser limitieren, wie zum Beispiel Herzinsuffizienz und schwere Nierenfunktionsstörungen.

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